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I-03

Historischer Hintergund zu Daniel 2

Daniel 2

Eckdaten:

  • Personen: Daniel / Beltschazar Hananja / Schadrach Mischaël / Meschach Asarja / Abed-Nego Nebukadnezar, die Weisen von Babylon, Arjoch
  • Ort: Jerusalem, Babylon, das Land Land Schinar ist die Ebene in der Babylon liegt
  • Zeitepoche: 605 – 602 v.Chr. (bis 539 als der Perser Kyros die Macht über Babylon eroberte, dem Ende des neubabylonischen Reiches. Kyros wurde bereits 550 König der Meder und Perser)
  • Kultur: neubabylonisch
  • Autor des Textes: Daniel

Die Weisen von Babylon

Die Weisen von Babylon waren keine Scharlatane, sondern leisteten Enormes in der Wissenschaft. Sie waren belesen und sammelten Informationen und Erkenntnisse aus dem gesamten Vorderen Orient. Dabei hatte das Erstellen der Schriften, diese wurden in Stein gehauen, einen wesentlichen Anteil. Die Bibliotheken waren sehr umfangreich und enthielten Aufzeichnungen über viele Völker der damaligen Welt.

Astronomie

In der gesamten Antike war die babylonische Astronomie berühmt. Astronomie und Astrologie wurden jedoch nicht unterschieden. Eine der Aufgaben der Astronomie war demnach die Vorzeichenwissenschaft durch Sternkonstellationen und die Interpretation derselben.Es ging also dabei um die Vorhersagen für die Ereignisse. Man kannte früh die wichtigsten Sternbilder und die Bahnen der Sterne am Himmel, Auf- und Untergangszeiten (von Planeten etc.), Mondfinsternisse usw. Die einzelnen Sterne und Sternbilder hatten dann eine mystische Zuordnung.

So können wir dann auch die Weisen aus dem Morgenland und den Stern von Bethlehem verstehen. Die babylonischer Astronomie interpretierte die seltene Jupiter-Saturn-Konjunktion im Zeichen der Fische zur Zeit der Geburt Jesu auf ein Ereignis in Israel (Judäa). Jupiter galt als der Stern des babylonischen Gottes Marduk, und somit königlich, während Saturn als Planet des jüdischen Volkes galt. Der westliche Teil des Fischezeichens hat für Palästina gestanden. Daraus folgerten babylonische Astronomen logischer Weise: Königstern Jupiter zusammen mit dem  Israelschützer Saturn bedeutet „im Westen, das Sternbild der Fische, ist ein mächtiger König geboren worden.“

Die zweite Hauptaufgabe der Astronomie waren kalendarische Berechnungen: Mond- und Sonnenumlauf mussten in Korrelation gebracht werden. Bei einer Monatsbestimmung genau nach dem Mondumlauf waren Schaltmonate zur Synchronisation von Mond- und Sonnenjahr notwendig. Diese Schaltung erfolgte zunächst empirisch; theoretisch bekannt seit dem 5. Jh. v. Chr., in der Praxis auch schon vorher angewandt, war dann das Gesetz, dass in einem Zeitraum von 19. Jahren 7 Schaltmonate nötig waren, um Mond- und Sonnenjahr zu synchronisieren. Dieses babylonische Jahr mit Jahresbeginn im Frühjahr gilt auch im Judentum seit der exilisch-nachexilischer Zeit.

Mathematik

Die babylonische Mathematik basiert auf einem Sexagesimalsystem; auch Maße, Gewichte etc. verhalten sich im Verhältnis von 1:60 und 1:10 zueinander. Bereits kompliziertere Berechnungen einschließlich geometrischer Berechnungen wie Dreiecks-, Flächen- und Volumenberechnungen waren möglich. Der Kreis hatte 6 x 60 Grad, also 360.

Medizin

Gesetze über die Entlohnung von Ärzten im Codex Hammurabi und überlieferte Rezepte von Medikamenten zeugen vom Stand der Medizin; chirugische Operationen und auf empirischen Naturbeobachtungen basierende Medikamente, Salben etc. waren bekannt. Das Enneagramm zur Bestimmung der Persönlichkeit wurde benutzt.

Technik

Die Technik konzentriert sich – neben der Alltagskultur – auf die Bereiche Militärtechnik (Rüstung, Waffen, Wagen, Belagerungstechnik), Transportwesen (Schiffbau, Wagen, Satteltechnik, Schwertransporte mittels Rollen, Hebeln etc.), Metallverhüttung und -verarbeitung (Schmelzöfen, Gusstechnik usw.), Keramikproduktion, Edelmetall- und Edelsteinverarbeitung (einschließlich Siegelschneiden) und der Landwirtschaft (Bewässerungstechnik, Kanalbau, Gartenanlagen usw.).

Religion und Wissenschaft

Die Weisen von Babylon, in Zusammenarbeit mit den religiösen Führen, bildeten eine politisch starke Gruppe. In Kooperation mit dem König wurde Großes geleistet, jedoch waren sie als gebildete Intellektuelle stehts auch eine Bedrohung für die Machthaber. Eine Vernichtung der Weisen von Babylon hätte einen großen Verlust für die Hochkultur bedeutet.

Der Traum des Nebukadnezars

Der Traum

Nebukadnezar sah im Traum in einem Gebirge ein großes Standbild, dessen Haupt aus feinem Gold, dessen Brust und Arme aus Silber, dessen Bauch und Lenden aus Bronze, dessen Schenkel aus Eisen und dessen Füße und Zehen teils aus Eisen, teils aus Ton waren. Als durch einen Steinschlag die Fußzehen getroffen wurden, fiel das Standbild um. Seine Trümmer wurden vom Winde verweht. Der Stein hingegen, der das Bild zermalmte, war zu einem großen Berg geworden, der die ganze Erde erfüllte.

Daniels Interpretation

Daniel, dem Gott im Traum die Bedeutung enthüllte, deutet dem König seinen Traum: Demnach steht das Haupt aus Gold für den König Nebukadnezar und dessen Dynastie. Nach dieser wird ein geringeres Weltreich herrschen. Danach wird ein drittes aus Bronze über die ganze Erde herrschen. Ein viertes Weltreich wird sich als stark wie Eisen erweisen. Die teils aus Eisen und teils aus Ton bestehenden Füße und Zehen stehen für ein geteiltes Königreich, welches teils fest und stark wie Eisen, teils zerbrechlich wie Ton sein wird. Der zermalmende Stein steht dafür, dass Gott in der Zeit dieser Könige ein Reich  aufrichten wird, das allen menschlichen Reichen ein Ende setzt und ewig besteht.

Deutung in der Antike und im Mittelalter

In der Antike deutete der Kirchenvater Hieronymus (347–420 n.Chr) den Kopf als das Babylonische Reich, die zwei verschränkten Arme als das Medo-Persische Reich, den Bauch als das griechische sowie danach das Römische Reich. Letzteres erfüllt die Bedingung der Teilung durch die zwei Beine 395n. Chr. in das West- und Oströmische Reich. Der amerikanische Theologe Hal Linsey interpretierte die Füße und Zehen als die EU, die als historische Erbin des Römerreiches zusammengehört, aber in sich zerteilt ist.

Diese Deutung, die Vier-Reiche-Lehre, wurden im Mittelalter Teil der christlichen Lehre. Dem vierten Weltreich folge das in Offenbarung 20 beschriebene messianische Reich als tausendjährige Gottesherrschaft („tausendjähriges Reich“).